Wednesday of Intelligence
7 Cognitive Biases

Hast Du schon mal darüber nachgedacht, ob Deine Entscheidungen wirklich zu 100% von Dir bestimmt werden? Könnte es sein, dass Dein Unterbewusstsein Deine eigene Wahrnehmung beeinflusst? Die Erkenntnis, dass der Homo Economicus, also der rein rational handelnde Mensch, nur ein utopisches Konstrukt ist, hat diesen Fragen mehr Aufmerksamkeit zugewandt. 

Die Forschung der Psychologen Kahneman und Tversky hat gezeigt, dass das menschliche Gehirn weit entfernt ist von rationalen Entscheidungsgrundlagen und verschiedenen kognitiven Biases unterliegt. Kognitive Biases (kognitive Verzerrungen oder Voreingenommenheit) sind Fehler in der Informationsverarbeitung und Wahrnehmung des menschlichen Denkens, die quasi in jedem Gehirn vorprogrammiert sind. 

Da dem auch im ökonomischen Umfeld und vor allem bei Startups, wo sehr viele Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen werden müssen, Relevanz zugesprochen wird, wollen wir Euch im Folgenden 7 der wichtigsten Biases näher bringen.

7 Coginitive Biases
Wednesday of Intelligence - 7 Cognitive Biases

Wie kognitive Biases entstehen

Um zu verstehen, was Biases sind und wie diese zustande kommen, hilft ein Blick auf die in der Psychologie bekannte „dual-process-theory“. Dabei wird angenommen, dass beim menschlichen Denken grundlegend zwei Arten von Prozessen aktiv sind: Intuitives Denken und logisches bzw. rationales Denken. Metaphorisch werden diese Prozesse in der Literatur häufig als System 1 (intuitiv) und System 2 (rational) bezeichnet. 

System 1 ist hierbei für intuitives Denken verantwortlich und arbeitet automatisiert. Es ist ständig aktiv und arbeitet schnell und größtenteils unterbewusst. Dabei werden Heuristiken, also mentale Abkürzungen oder vereinfachte Daumenregeln genutzt, um komplexere Entscheidungssituationen möglichst effizient zu verarbeiten. System 2 ist für bewusstes rationales Denken verantwortlich und arbeitet langsam und verbunden mit geistiger Anstrengung. 

Während System 1 oft grobe und affektive Ergebnisse liefert, ist System 2 dazu in der Lage rational abzuwägen und präzisere Ergebnisse zu generieren. Da System 2 jedoch unter kognitiver Anstrengung arbeitet, wird versucht möglichst viele Entscheidungssituationen durch System 1 zu lösen. 

Dabei wird davon ausgegangen, dass System 1 schnell eine grobe Entscheidung trifft und diese als Vorschlag an System 2 weiterleitet. System 2 kann diesen Vorschlag akzeptieren, wodurch die Entscheidung als intuitiv gewertet werden kann. Andernfalls prüft System 2 die Entscheidung und wägt die Situation unter rationalem Denken erneut ab, um diese zu korrigieren. 

Aufgrund der schnellen und groben Vorgehensweise ist System 1 anfällig für Fehler, wodurch es vorkommen kann, dass diese von System 2 nicht erkannt und akzeptiert werden. Dadurch wird eine rationale Entscheidungsfindung beeinträchtigt und die Entscheidung gilt als „biased“.

Biases entstehen demnach durch das Vertrauen auf Heuristiken und führen dazu, dass Wahrnehmungen beeinflusst und Informationen voreingenommen verarbeitet werden, was wiederum zu Fehlentscheidungen führen kann. 

Optimism Bias

Der Optimism Bias beschreibt die Tendenz, die Eintrittswahrscheinlichkeit negativer Ereignisse zu unterschätzen und die von positiven Ereignissen zu überschätzen. Die menschliche Psyche ist demnach danach ausgerichtet, die eigenen Zukunftschancen in einem übermäßig positiven Licht wahrzunehmen. 

Für Gründer ergibt sich damit oft die Gefahr, sich durch irrationale Einschätzung von Entscheidungssituationen in sehr riskante Situationen zu begeben. Durch eine „mir passiert sowas bestimmt nicht“ – Mentalität werden Erfolgswahrscheinlichkeiten von Geschäftsideen überschätzt, Probleme beschwichtigt und erfolgswidrige Tatsachen ignoriert. 

Mehr als 80% aller Startups scheitern, trotzdem denken die meisten Gründer, dass sie die Ausnahme sein werden. Solche Annahmen sollten jedoch begründet werden und nicht auf reinem Optimismus beruhen. Der Einfluss des Optimism Bias muss dabei miteinkalkuliert werden.

Overconfidence Bias

Der Overconfidence Bias verhält sich ähnlich zum Optimism Bias. Während sich Letzteres durch überzogene Erwartungen an die Zukunft auszeichnet, beschreibt der Overconfidence Bias den mentalen Fehler der Selbstüberschätzung. Dieser äußert sich in 3 Facetten: 

Einerseits werden die eigenen Fähigkeiten und die eigene Kompetenz im Vergleich zur Realität überschätzt. Beispielsweise werden Problemlösungsfähigkeiten wegen zuvor erlebten Erfolgen als höher eingeschätzt, als sie eigentlich sind, wodurch aufkommende Hürden schon im Vorhinein irrational relativiert werden.

Andererseits werden Fähigkeiten und Kompetenzen im Vergleich zu anderen überschätzt. So konnte z.B. in einer Studie belegt werden, dass sich die Mehrheit von Autofahrern bezüglich Fahrfertigkeit und -sicherheit als überdurchschnittlich gut einschätzen. Dieser irrationale, soziale Vergleich stellt sicherlich im harten Wettbewerb und Konkurrenzkampf zwischen Startups eine tückische Falle dar. 

Darüber hinaus wird die Sicherheit, mit der eine Aussage getroffen wird überschätzt. Wird beispielsweise die Prognose gesetzt, dass mit 80%-iger Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes Ziel zum Zeitpunkt x erreicht sein wird, zeigt die Realität meist, dass die Wahrscheinlichkeitseinschätzung sehr stark von Wunschdenken getrieben war und eigentlich geringer ausfallen sollte.

Sunk Cost Fallacy

Bei der Sunk Cost Fallacy beeinflussen irreversible, bereits getätigte Investitionen das aktuelle und weiterführende Investitionsverhalten. Stellt sich die bereits getätigte Investition als Fehler heraus, so werden meist weitere Investitionen getätigt, die dem Versuch unterliegen, die Konsequenzen der Fehlinvestition zu minimieren. 

Anstatt den Fehler zu akzeptieren und unvoreingenommen und rational der neuen Entscheidungssituation entgegenzutreten, wird der Versuch, negative Konsequenzen zu minimieren, nur zu einer weiteren negativen Konsequenz der Fehlinvestition.

Gutes Geld schlechtem Geld hinterherzuwerfen ist selten von Vorteil. Wenn bereits große Summen in ein Projekt geflossen sind, das schlecht performt, ist es verlockend den Verlust wieder reinzuholen, indem man mehr Geld dazuwirft und das Projekt so zu retten versucht. In den meisten Fällen ist dies jedoch eine schlechte Idee und es ist besser, einen Schlussstrich zu ziehen und die Verluste zu begrenzen.

 

Confirmation Bias

Der Confirmation Bias hat Einfluss darauf, wie wir neue Informationen wahrnehmen. Demnach besteht die Tendenz, neue Eindrücke so zu filtern, dass sie unsere bestehenden Annahmen, Glauben oder Wünsche bestätigen. Wird beispielsweise eine bestimmte Meinung vertreten, werden meinungsstärkende Informationen überproportional gewichtet und konträre Informationen relativiert oder gar ignoriert. 

Das kann schwere Folgen haben, wenn Gründer zu Beginn die Validität ihrer Geschäftsidee einzuschätzen wollen und einen product-market-fit suchen. Unser Gehirn verleitet uns dazu, das zu ignorieren, was unsere bestehenden Überzeugungen widerlegt und das zu hervorzuheben, was unsere Überzeugungen stärkt. 

Wer die Notwendigkeit eines Produkts oder dessen Nachfrage unbedingt sehen will, wird diese auch sehen. Ob das jedoch gerechtfertigt und realitätsgetreu ist, ist wiederrum eine andere Frage. Manchmal ist es besser aktiv nach Gegenargumenten zu suchen, um der Irrationalität entgegenzuwirken.

Self-Serving Bias

Der Self-Serving Bias beschreibt die Tendenz Resultate so zu interpretieren, dass sie das eigene Selbstbild begünstigen. Der Interpretationsspielraum äußert sich hierbei in der Zuschreibung der eigenen Verantwortung, wobei Erfolge mit internen Ursachen (Dispositionsattribution) und Misserfolge mit externen Ursachen (Situationsattribution) begründet werden. 

Positive Resultate sind demnach Konsequenzen eigener Kompetenzen, Persönlichkeitsmerkmale oder Bemühungen. Negative Resultate werden hingegen mit Schuldzuweisung auf Andere, Pech oder Umständen aus dem Umfeld erklärt. Dies scheint selbst in Situationen, in denen wenig bis kein Einfluss auf Resultate genommen werden kann, der Fall zu sein. Beispielsweise neigen Glücksspieler dazu, Niederlagen durch situative Faktoren zu rechtfertigen, während Gewinne als eigener Verdienst hingenommen werden, wodurch das Gefühl der Kontrolle illusionär geschaffen wird. 

Der Self-Serving-Bias verfolgt zwei grundlegende Funktionen. Die Zuschreibung lobenswerter Ereignisse zur eigenen Verantwortung hat selbsterhöhende Effekte und begünstigt die eigene Selbstachtung. Wird dahingegen die Verantwortung verwerflicher Resultate geleugnet, so wird das eigene Selbstbild geschützt.  Da dadurch wiederum die Konsequenzen des Overconfidence Bias verstärkt werden, sollten sich Gründer dahingehend hinterfragen, um Selbsttäuschung entgegenzuwirken und ihre eigenen Fähigkeiten sowie die ihres Unternehmens realistisch einschätzen zu können.

Das kann schwere Folgen haben, wenn Gründer zu Beginn die Validität ihrer Geschäftsidee einzuschätzen wollen und einen product-market-fit suchen. Unser Gehirn verleitet uns dazu, das zu ignorieren, was unsere bestehenden Überzeugungen widerlegt und das zu hervorzuheben, was unsere Überzeugungen stärkt. 

Wer die Notwendigkeit eines Produkts oder dessen Nachfrage unbedingt sehen will, wird diese auch sehen. Ob das jedoch gerechtfertigt und realitätsgetreu ist, ist wiederum eine andere Frage. Manchmal ist es besser aktiv nach Gegenargumenten zu suchen, um der Irrationalität entgegenzuwirken.

Anchoring Bias

Der Anchoring Bias entspringt der Anker Heuristik. Heuristiken sind mentale Abkürzungen oder Daumenregeln, an denen sich das Gehirn orientiert, um komplexe Aufgabenstellungen in kürzester Zeit und mit wenig mentaler Anstrengung zu lösen. Die Anker Heuristik verleitet dazu, sich bei Einschätzungen an einer vorherrschenden oder der ersten Information, die man diesbezüglich erfahren hat, zu orientieren. 

Bemerkbar macht sich das häufig bei der Wahrnehmung von Preisen. Beispielweise werden Angebote gerne künstlich geschaffen, weil der ursprüngliche Preis als Anker für die Wahrnehmung des aktuellen Preises gilt. So kann der selbe Preis für das selbe Produkt unterschiedlich attraktiv wahrgenommen werden, je nachdem welcher Ursprungspreis auf dem Preisschild steht. 

In Verhandlungen gilt die zuerst gefallene Preisangabe oft als Anker für die weitere Verhandlungsführung und Zahlungsbereitschaften oder Leistungsgegenwerte werden dementsprechend wahrgenommen. Ein tückischer Denkfehler, der anfällig ist für Manipulation.

Availability Bias

Der Availability Bias entspringt der Verfügbarkeitsheuristik. Dabei unterliegen wir der Tendenz, Eintrittswahrscheinlichkeiten von Ereignissen danach einzuschätzen, ob uns Informationen ohne große Anstrengung mental verfügbar sind oder nicht. Das heißt wir überschätzen die Wahrscheinlichkeit von Ereignissen, weil unsere Entscheidung eher auf mentaler Verfügbarkeit basiert, als auf Fakten und Statistiken. 

Ereignisse unterscheiden sich hinsichtlich ihrer mentalen Verfügbarkeit je nach Anzahl der abrufbaren Beispiele für das Ereignis und Leichtigkeit des Abrufs. Darüber hinaus erscheinen Ereignisse verfügbarer, wenn man vor kurzem davon gehört hat, umso mehr noch, wenn man selber involviert war. Die Wahrscheinlichkeit für Flugzeugabstürze wurde nach 9/11 erheblich überschätzt, was dazu führte, dass der Autoverkehr zunahm. Dass die Wahrscheinlichkeit bei einem Autounfall zu verunglücken weitaus höher ist als die eines Flugzeugabsturzes, wurde dabei jedoch vernachlässigt. 

Führungskräfte überschätzen sich selber und begegnen Entscheidungssituationen mit übermäßigem Optimismus, wenn sie vor kurzem mehrere Erfolge verzeichnen konnten. Vorherige Misserfolge sind hierbei weniger verfügbar und werden nur geringfügig gewichtet. Ähnlich können auch angehende Gründer die Erfolgswahrscheinlichkeit ihres Startups überschätzen, wenn sie ständig mit erfolgreichen Startups konfrontiert werden. 

Fazit

Dass wir nicht immer rational entscheiden und gerne von unserem Unterbewusstsein beeinflusst werden, sollte jetzt klar sein. Kognitive Biases sind den effizienten Denkvorgängen unseres Gehirns zu verschulden und betreffen jeden, egal wie intelligent oder aufgeschlossen man zu sein scheint. 

Da noch weitaus mehr Biases existieren, lohnt es sich einen Blick auf die nahezu endlose Liste zu werfen. Denn auch wenn wir uns dem Einfluss der kognitiven Verzerrungen nicht gänzlich entziehen können, ist die Kenntnis über deren Existenz ein erster Schritt, um diese mit einzukalkulieren und den rationalen Entscheidungen ein Stück näher zu kommen.

Dennoch haben zumindest einige Biases auch ihre positiven Seiten. Denn manchmal schadet ein bisschen Selbsttäuschung auch nicht, um den Mut zusammenzubringen, einen riskanten Schritt zu wagen, der sich im Endeffekt vielleicht sogar auszahlt.

Beitrag teilen

Lust auf startup? wir helfen dir!

Gedanken werden Dinge