Wednesday of Intelligence
New Work

Wer sich in der modernen Arbeitswelt bewegt, dem ist der Begriff „New Work“ bestimmt schon einige Male zu Ohren gekommen. Ein Begriff, der viel verändern soll, der heiß diskutiert wird und auch mal für Kontroversen sorgt. Auch wir vom House of Intelligence schreiben uns den New Work Ansatz gerne auf die Fahne und gestalten die Zusammenarbeit im House nach dessen Grundsätzen.

 Was sich hinter New Work versteckt, woher der Begriff eigentlich stammt, welche Bereiche davon überhaupt betroffen sind und wie das Ganze angewandt aussehen kann, wollen wir Euch im Folgenden verdeutlichen.

New Work
Wednesday of Intelligence - New Work

Entwicklung der Arbeitskultur

Um den New Work Gedanken nachvollziehen zu können, ist es hilfreich, sich vorerst mit den alten Arbeitskulturen auseinanderzusetzen und deren Entwicklung zu betrachten. Angesichts Zeiten der Industrialisierung gestaltete sich das Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Angestellten folgendermaßen: dem Chef kam die Funktion zuteil, den Angestellten mit der Erfüllung einer Aufgabe zu befehligen und dafür zu sorgen, dass diese ordnungsgemäß und nach seinen Vorstellungen vollzogen wird. Im Grunde sollte dabei im Angestellten die Motivation zur Arbeitserbringung durch externe Anreize geweckt werden. Dazu gehören positive Anreize wie Geld, genauso aber negative Anreize wie Sanktion. 

Diese Führungskultur führt häufig dazu, dass Angestellte wenig bis keine echte intrinsische Motivation besitzen, die Arbeit möglichst gut und schnell zu erledigen. Vielmehr wird weitestgehend die extrinsische Motivation gefördert, was wiederum eine Arbeitsmoral begünstigt, in der Kontrolle eine essentielle Rolle spielt. Entfällt diese, so lässt sich beim Angestellten eine Neigung zur Lethargie und Unproduktivität beobachten, die dazu führt, dass Arbeitszeit eher abgesessen wird, Pausen häufiger werden und Effizienz nachlässt.

Nach der Arbeitszeit beginnt das Privatleben, wo Platz für Selbstverwirklichung gelassen und Aktivitäten nachgegangen wird, die von intrinsischer Motivation geprägt sind; also Dinge, die man wirklich tun will. Während die Arbeitszeit durch monetäre Anreize gerechtfertigt wird, werden diese als Werkzeug für Handlungsspielraum in der Freizeit eingesetzt.

Im Laufe der Zeit wandelte sich die Arbeitskultur dahingehend, dass die Kontrolle des Vorgesetzten gemindert wurde. Dem Gedanken, die Motivation im Angestellten selber zu erwecken, wurde mehr Wertigkeit zugesprochen. Maßnahmen wie Incentives, Zielerreichungspläne und regelmäßige Feedbackgespräche führten zu einer Verschiebung der Kontrolle nach innen, indem dem Mitarbeiter selbst mehr Eigenverantwortung zuteil kam. Während in vorheriger Arbeitskultur der Druck aktiv vom Vorgesetzten ausgeübt wurde, entsteht hierbei eine weitestgehend psychische Art von Leistungsdruck, die der Angestellte auf sich selbst ausübt u.U. sogar dazu hingeleitet wird. Nach der Arbeitszeit bleiben Gedanken im beruflichen Kontext, Arbeit wird mit nach Hause genommen, das Thema Work-Life-Balance gewinnt folglich an Bedeutung. 

New Work bringt frischen Wind

Den negativen Aspekten beider Arbeitskulturen entgegen, soll der New Work Ansatz Abhilfe schaffen. Ursprünglich etabliert vom Sozialphilosophen Frithjof Bergmann in den 1970 soll die New Work als Kontrastprogramm zur Lohnarbeit gelten. Während zuvor der Arbeiter Mittel zum Zweck der Arbeitserfüllung zugunsten des Unternehmens war und im Gegenzug eine der Selbstverwirklichung dienliche Vergütung erhielt, soll nun die Arbeit selbst als Mittel zum Zweck der Selbsterfüllung und Sinnstiftung des Menschen werden. Dabei liegen dem Ansatz drei essentielle Werte zugrunde:

Freiheit

Selbstständigkeit

Teilhabe an Gemeinschaft

Genauer versteht Bergmann Freiheit nicht nur als Entscheidungsfreiheit zwischen Alternativen sondern vielmehr als Handlungsfreiheit im eigentlichen Sinne. Arbeit empfindet er dabei als den größten Faktor, der zur Einschränkung der Freiheit eines Individuums beiträgt. Dahingehend sieht er das alte System zum Scheitern verurteilt und postuliert eine arbeitskulturelle Revolution, in der die Bedürfnisse des Menschen im Vordergrund stehen. Angestellte sollen in ihrer Arbeit einen Sinn sehen und darin aufgehen können, um ungenutzte Potenziale und Energien freizusetzen. Zudem sollte durch die Arbeit die eigene Persönlichkeit entwickelt werden können.

Der Ansatz von Bergmann wurde später im Jahr 2019 von dem Psychologen Markus Väth weitergeführt und an die Anforderungen der modernen Arbeitswelt angepasst. In seiner „New Work Charta“ stellt er vier Säulen der New Work auf, die notwendig seien, um den neuen Ansatz praktisch zu manifestieren:

  1.  Aktualisierung des Stellenwerts der Arbeit für die eigene Lebensführung
  2.  Ein auf die komplexe, dynamische Arbeitswelt angepasstes Kompetenzmodell
  3.  Ein Umstrukturierungsmodell innerhalb Kultur und Organisation
  4.  Engagement der Politik bezüglich der Rolle von Arbeit in der Gesellschaft

Was genau ist New Work?

Schließlich bleibt die Frage zu klären wie New Work letztendlich auszusehen hat. Die Suche nach einer simplen und eindeutigen „one fits all“-Lösung ist hier fehl am Platz. Vielmehr gilt es bestimmte Werte zu verinnerlichen und Umdenken und Umstrukturierung in allen Bereichen voranzutreiben.

New Work braucht Freiheit und Selbstverantwortung


Die Arbeitskultur im New Work Ansatz sollte grundlegend von Freiheit und Selbstverantwortung getrieben sein und das Ziel verfolgen, die intrinsische Motivation der Mitarbeiter durch gesteigertes Involvement zu stärken. 

Ein wichtiger Baustein besteht darin, Arbeitsmodelle einzuführen, die die Selbstorganisation fördern und den Mitarbeiter selbstverantwortlich arbeiten lassen. Der Mitarbeiter muss dabei spüren, dass seine Arbeitsleistung sinnstiftend ist und es sowohl für ihn persönlich, als auch für die Gemeinschaft förderlich ist, wenn er diese in hervorragender Qualität erbringt. 

Selbstbestimmtes und selbstorganisiertes Arbeiten kann so zum Selbstläufer werden, wenn sich die Organisation danach richtet, Aufgaben stärkenorientiert zu belegen, individuelle Wünsche und Ziele der Mitarbeiter mit einzubeziehen und diese durch Weiterbildungsmöglichkeiten zu fördern. 

Vertrauensarbeit ist hier ein entscheidendes Schlüsselwort. Dies erzwingt zwar einen Kontrollverlust der Vorgesetzten und birgt somit zu gewissem Maße auch ein Risiko, aber sofern alle Beteiligten den Gedanken verinnerlicht haben, entsteht dadurch eine harmonische und eigenverantwortliche Arbeitskultur, die nicht nur das Involvement der Mitarbeiter steigert, sondern auch Platz für Selbstverwirklichung und freie Entfaltungsmöglichkeiten lässt.

Denn was in Zukunft neben Vergütung und Status als Bemessungsgrundlage für einen guten Arbeitsplatz zunehmend an Bedeutung gewinnen wird, sind Entwicklungsmöglichkeiten, wohlfühlendes Arbeitsklima, kollegiales Umfeld und interessante sowie inhaltlich relevante Aufgaben.

New Work braucht Flexibilität

Zudem geht der Trend immer weiter in Richtung Flexibilisierung. Die Debatte um die Work-Life-Balance wird durch das Work-Life-Blending abgelöst. Grenzen zwischen Privat- und Arbeitsleben sollen dabei transparenter werden und beide Bereiche zunehmend miteinander verschmelzen. Arbeitszeit- und Arbeitsortflexibilisierung sind gefragt. 

Arbeitszeitflexibilisierung

Unternehmen mit New Work Ansatz wollen weg von vorgeschriebenen Handlungsabläufen, strikten Stempeluhren und 9-to-5-Jobs. Jeder Mensch ist hinsichtlich Konzentrationsspanne und Tageszeitpräferenz anders gepolt. 

Fraglich ist, ob es wirklich Sinn macht alle Mitarbeiter diesbezüglich in den gleichen Bio-Rhythmus zu zwängen oder ob eine individuelle Ausrichtung effizienter sein kann. Demnach soll jeder so arbeiten können, wie es für ihn am besten funktioniert.

Arbeitsortflexibilisierung

Die räumliche Gestaltung der Büroräume wird wichtiger. Um die ideale Voraussetzung für gute Leistung und klare Denkvorgänge zu schaffen, braucht es helles Licht und gute Luft. Kreativpausen sollten nicht hingenommen sondern mit dafür vorgesehenen Rückzugs- und Erholungsorten gefördert werden. Verschiedene neue Arbeitsmethoden können verschiedenen Räumlichkeiten zugeordnet werden. 

Beispielsweise ist eine Brainstorming-Runde nicht zwangsläufig im Konferenzraum am produktivsten, wenn die Mitarbeiter tagtäglich nur zwischen festem Schreibtisch und Konferenzraum pendeln. Im Idealfall wird das Büro samt Arbeitsklima zum zweiten Zuhause und erhält in Startup-Manier den Charakter einer Arbeits-WG, denn wer gerne zur Arbeit geht und sich wohlfühlt, ist sowohl produktiver als auch kreativer.

Zudem erweitern moderne Softwaretools und Apps die Möglichkeiten bezüglich Kommunikation und Vernetzung und erleichtern agile Prozessorganisationen. Homeoffice und Remote-Work werden vom Ausnahmefall zum gewöhnlichen Werkzeug einer Arbeitskultur. Im New Work Ansatz liegt der Fokus nicht länger auf der zeitlichen und räumlichen Regelmäßigkeit, sondern vielmehr auf den Ergebnissen. Sind dabei qualitative und quantitative Voraussetzungen termingerecht erfüllt, genießt der Mitarbeiter Freiheit hinsichtlich Ort und Zeit der Arbeitsgestaltung.

Aufbrechen von starren Abgrenzungen

Da komplexer werdende Anforderungen immer mehr Zusammenarbeit verschiedener Kompetenzbereiche erfordern und Aufgaben zunehmend durch projektbezogene Teams erledigt werden, sind Schnittstellenmanagement und agile Netzwerkorganisationen von Nöten.

Abteilungsgrenzen werden weniger streng definiert und die Fähigkeit einer Organisation gemeinsam Kompetenzen zu erweitern und intern voneinander zu lernen wird zur Voraussetzung für agiles Arbeiten. 

Im Netzwerk zeigt sich – das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.

New Work braucht neue Führungskultur

Mit eine der wichtigsten Umstrukturierungen finden jedoch in der Führungskultur statt. Leiten statt Führen ist die Devise. Die Aufgabe einer modernen Führungskraft besteht darin, die Marschrichtung vorzugeben und den Rahmen für kollegiale Selbstorganisation zu schaffen. 

Anstelle von Autorität und strenger Angstkultur treten flache Hierarchien auf Augenhöhe, Fehlertoleranz und psychologische Sicherheit. Im Anforderungsprofil einer Führungskraft gewinnt die menschliche Komponente an Bedeutung. Werte wie Flexibilität, Offenheit, Verständnis, Empathie und Menschenkenntnis werden zu essentiellen Qualitätsmerkmalen. Um selbstverantwortliches Arbeiten anzuregen gilt es, den Mitarbeitern Mitgestaltungsmöglichkeiten einzuräumen. 

Eine kollektive Entscheidungsfindung stärkt hier eher das Involvement und die Motivation der Mitarbeiter als eine Top-Down-Führungskultur, in der nur auf Befehle gewartet wird. Vielmehr soll der Mitarbeiter mit einbezogen und der Befehlston im Dialog durch eine Beratung unter Kollegen abgelöst werden. 

Daraufhin steht dem Mitarbeiter mehr eigenverantwortliche Entscheidungsfreiheit zu, wodurch sich Scheitern und Erfolg direkt auf die eigene Identifikation des Mitarbeiters auswirkt und dieser folglich stärker intrinsisch motiviert ist.

 

Fazit

Der New Work Ansatz erfordert Umdenken und Restrukturierung, stellt aber eine hervorragende Alternative zur herkömmlichen Arbeitskultur dar. 

Durch mehr Freiheit und größerem Handlungsspielraum wird dem Angestellten mehr Selbstverantwortung zugesprochen, was zu gestärkter intrinsischer Motivation führt. Die Arbeit orientiert sich an den Stärken und Interessen der Angestellten und die Arbeitskultur lässt Raum zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit. New Work braucht örtliche, zeitliche sowie strukturelle Flexibilität, stärkere Vernetzung zwischen einzelnen Funktionen und eine Führungskultur, die Selbstorganisation ermöglicht. 

So lässt sich ein wohlfühlendes Arbeitsklima schaffen, in dem Zufriedenheit und Eigenverantwortung als treibende Kraft für Produktivität sorgen. Damit kann Arbeit als Mittel zu persönlichen Selbstverwirklichung werden und Arbeits- und Privatleben können reibungslos ineinander übergehen. 

Vereinfacht formuliert beschreibt Bergmann New Work als die Arbeit, die man wirklich will.

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